Anpacker gesucht – Das Handwerk in der Energiewende

Wir (Ulrike und Luca) waren zu Gast auf der Amtsköste der Kreishandwerkerschaft Mittelholstein. Wir wollten die Nöte und Ideen der Handwerker*innen hören und haben viele gute Gespräche geführt. Dabei fiel uns auf, dass auch einige junge Menschen als Vertreter*innen ihrer Innungen dabei waren. Die Zukunft scheint langsam im Handwerk anzukommen.  Es ist auch höchste Zeit. 

Schon vor Putins Angriffskrieg waren über 20.000 Stellen im Energiewende-Handwerk unbesetzt.[1] Jetzt fehlt es überall nicht nur an Wärmepumpen, sondern auch an Menschen, die sie einbauen können. Noch krasser wird es, wenn es wieder genug Wärmepumpen gibt und auch noch die Energiewende endlich richtig in Gang kommt. 

Alleine für die energetische Sanierung brauchen wir etwa 100.000 neue Fachkräfte (bei einer Sanierungsquote von 2%).[2] Eine Studie der HTW Berlin geht sogar davon aus, dass über 200.000 neue Fachkräfte in Produktion, Installation und Wartung von Solaranlagen nötig sind.[3] Auch wenn das etwas zu hoch gegriffen sein dürfte: Das Fachkräfteproblem ist riesig. Es gibt also Grund genug, sich um das Handwerk zu kümmern. 

„Die Rohrzange passt nicht durchs Glasfaserkabel“

Dabei hat das Handwerk einiges zu bieten. Die Bezahlung ist dank übervoller Auftragsbücher ziemlich gut. Und die Arbeitsplätze sind zukunftssicher. Den Sanitäranlagenbauer von nebenan kann man eben nicht outsourcen. „Die Rohrzange passt eben nicht durch das Glasfaserkabel“ war an diesem Abend immer wieder zu hören. 

Unsere Gesellschaft ist zunehmend überakademisiert. Für das wachsende Angebot an Studenten gibt es in vielen Fächern (nicht jedoch im Energiewendesektor!) keine reale Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Die wenigen Stellen an der Universität sind oft heiß umkämpft, entsprechend schlecht die Arbeitsbedingungen. Was für ein Gegenbild zum Energiewende-Motor Handwerk! 

Je nach Fach brechen 20-35% das Studium ab. Nicht wenige sehnen sich nach praktischer Arbeit. Aber unser Schulsystem kennt nur das Studium als Ziel. Wenn in der Schule nur Mathe, Deutsch und Biologie gelehrt werden, ist es kein Wunder, dass Handwerk und Ausbildungsberufe in keinem hohen Ansehen stehen. Dabei lässt sich hier oft ebenso gut Geld verdienen, und der Beruf wird oft als weniger entfremdet und erfüllender erlebt.  

An dieser Stelle könnte es sich lohnen von den Waldorfschulen zu lernen. Das Handwerk gehört in den Lehrplan. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir in diesem Land Ausbildung fördern. Wer eine Ausbildung anfängt, kommt nicht in den Genuss vieler Vorteile die Studierende genießen: Die riesige Gemeinschaft junger Menschen oder die vielen Sonderangebote auf und abseits des Campus. Hier braucht es kreative neue Ideen. Wenn die Energiewende gelingen soll, braucht es eine attraktive Ausbildung. 

[1]https://winfuture.de/news,126274.html

[2]https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Handwerker-als-Umsetzer-Policy-Paper.pdf S.8

[3]https://solar.htw-berlin.de/wp-content/uploads/HTW-Studie-Solarstromausbau-fuer-den-Klimaschutz.pdf S.17